Im Sommer 1990 begann die Soziologin und Fotografin Cordia Schlegelmilch mit einer außergewöhnlichen Langzeitstudie zu den Folgen des gesellschaftlichen Umbruchs in Wurzen, einer sächsischen Kreisstadt östlich von Leipzig. Bis 1996 führte sie mit Menschen unterschiedlicher Milieus und Altersgruppen ausführliche biografische Interviews. Begleitend dazu dokumentiert sie bis heute den sichtbaren Umbruch in der Stadt fotografisch.
Als Fremde begegnet sie dieser alten Bischofs- und Industriestadt mit einer einfühlsamen Sichtweise. In sieben Kapiteln nimmt sie den Betrachter mit auf einen Streifzug durch die Straßen und Plätze der Stadt, vorbei an Geschäften, ersten Supermärkten, fliegenden Teppichhändlern, Betrieben, verfallenen Häusern und liebenswerten Menschen. Den Schwerpunkt in diesem Band bilden Fotografien der 1990er Jahre, die das Bild einer Zeit des provisorischen Übergangs zwischen dem »Nicht-Mehr« und dem »Noch-Nicht« verdeutlichen. Zum Teil werden sie mit aktuellen Ansichten vom gleichen Standort kontrastiert.
In diesen Jahren fügte sich Altes und Neues zu einer abenteuerlichen Mischung zusammen, bis Renovierung, Sanierung und Rückbau die Spuren der unterschiedlichen Zeitebenen nun weitgehend unsichtbar machten. Während einzelne historische Gebäude liebevoll restauriert wurden, sind andererseits viele historische Plätze verändert worden. Die Mischung aus Gefühlen und Assoziationen, die sich beim Betrachten der Bilder einstellt, macht das Buch zu einem Erinnerungswerk ganz eigener Art. Es soll in einer anhaltenden Phase der Veränderung Erinnerungen lebendig halten.
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